Versuchung

Schon gestern morgen sah ich die beiden. Sie lächelten mich an, im Hausflur. Ich war mir sicher: Die wollen nicht zu mir, nein, sicher zu meinen Nachbarn. Ich nahm mir vor, jeden Gedanken an sie wieder aus meinem Kopf zu verbannen. Und doch reizte es mich, mir auszumalen, was sie wohl tun würden. Sicher würde sie gemeinsam Frühstücken, schließlich war Sonntag. Bei einem Kaffee auf dem Balkon sitzen, nun gut, es ist noch frühlingshaft frisch, vielleicht auch auf dem Sofa, unter einer Decke. In den Tag hineingleiten, ohne Termindruck, endlich einmal Zeit, sich miteinander zu beschäftigen, statt wie sonst nach einem hektischen Schluck Kaffee in den Alltag zu flüchten. Ich war neidisch! Wie gerne hätte ich sie mitgenommen, wenigstens eine von ihnen, aber nein, soetwas tue ich nicht.
Gestern Abend beim späten Nachhausekommen lief mir eine von den beiden wieder über den Weg. Seltsam, dachte ich, seltsam, warum ist sie alleine. Wieso noch immer hier? Hat sie vielleicht keinen gefunden, der mir ihr frühstückt? Wieder stieg dieses Verlangen in mir auf, nur kurz, verstohlen, sie doch hereinzubitten, wer würde es merken? Aber es war Abend, ein gemeinsames Fürhstück irgendwie unpassend. Und ich war müde. Ich ging an ihr vorbei.
Heute morgen öffnete ich verstohlen die Wohnungstür, ließ meinen Blick suchend durch's Treppenhaus gleiten und .... sah sie. Da war sie, wie am Vortag, anscheinend unberührt.
In diesem Moment war es um meine Selbstbeherrschung geschehen. Ich schlich auf Socken hinaus, streckte meine Hand nach ihr aus, griff zu und drückte sie dann an meine Brust.
Jetzt ist sie mein. Wir setzen uns an den Frühstückstisch, ich koche Eier, schließlich ist Feiertag, backe die Brötchen von gestern auf und habe endlich einmal Zeit, ausführlich die Sonntagszeitung zu lesen.

Und zwischendurch

wehen die morgendlichen Sonnenstrahlen mit dem Vorhang ins Zimmer.

Foreshadowing

Ich habe es ihr nicht angemerkt. Nie hätte ich es geahnt.
Wir haben uns einige Wochen nicht gesehen - statt dessen kurze Telefonate über Alltägliches und Banales, die auf ihrer Seite mit: "Hier ist sonst nichts passiert" beendet wurden. Die üblichen wöchentlichen Treffen entfielen, wir hatten beide viel zu tun.
Endlich fanden wir die Zeit, uns im Cafe zu treffen. Ich griff nach der Speisekarte, obwohl ich immer das gleiche bestellte. Sie rührte sich nicht und blickte mich nur an. Ich sagte, ich sei hungrig. Sie sagte ihr sei schlecht. Ich sah sie an.
In diesem Moment wusste ich es.
Meine ungläubige Frage beanwortete sie mit "ja".
Diese Antwort hatte sie auf diese Frage noch nie gegeben.

Der Geist der vergangenen Weihnacht

Damals war er der Schönste in den Clubs. Wenn er auftauchte, fanden ihn die Scheinwerfer wie von selbst und er tanzte in ihrem Licht. Er zog sie alle an, Männer wie Frauen. Wir gaben alles für sein Lachen, seinen Blick, seine Berührung. Den Abenden ohne ihn fehlte der Glamour, die Magie der Sehnsucht - und der Unerreichbarkeit.

Heute traf ich ihn in der U-Bahn. Das grelle Neolicht schmeichelte seinem hübschen Gesicht wie damals die bunten Scheinwerfer - doch er selbst hat seinen Glanz und seinen Zauber irgendwo auf dem Weg verloren.

Eine neue Tür

hat sich geöffnet.
Wo sie wohl hinführt?
Ihr werdet es miterleben...

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